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Unser Vereinsmitglied Henning Barnstorf erinnert sich zurück an zwei große Finsternisereignisse, die totalen Finsternisse von 1999 in Deutschland und 2006 in der Türkei.

 1.) Die Finsternis 1999 in Deutschland

Zur Sonnenfinsternis am 11.8.1999 fuhr ich mit meinem Freund Bernd in die Pfalz nahe Landau am Pfälzer Wald. Das war, wie sich dann herausstellte, eine richtige Entscheidung. Die Bewölkung über Deutschland war sehr unterschiedlich verteilt. Ursprünglich war ein Beobachtungsort auf der Schwäbischen Alb nahe Stuttgart geplant. Kurz bevor wir aufbrachen kam mir noch ein Bericht über die Sonnenschein-Wahrscheinlichkeiten in Deutschland in Erinnerung. Er war in „Sterne u. Weltraum“ 5/1999 erschienen und zeigte für die Pfalz 64 % bis 66 % für eine Sonnenwahrscheinlichkeit im August zwischen 11 und 12 Uhr. Wir planten nun kurzentschlossen auf einen Ort nahe Landau/Pfalz um. Im Nachhinein war dies die beste Entscheidung, denn der gesamte süddeutsche Raum war am 11. mit Regenschauern überzogen.

Wir starteten schon am 10. in Richtung Karlsruhe, wodurch wir die Riesenstaus des 11. im Frankfurter Raum vermieden. Am Abend vor dem 11.8. war noch alles grau in grau und wir sahen auf der Autobahn bei Frankfurt ein Auto mit einem großen Plakat hinter der Heckscheibe mit mit der Aufschrift: „FINSTERNIX“. Eine Übernachtung nahe dem geplanten Beobachtungsort war bequem möglich, weil wir mit Bernds Wohnmobil unterwegs waren.

Am Morgen des 11. waren die Straßen und Autobahnen im Pfälzer-Raum voll mit Verkehr in Richtung der zentralen Finsterniszone. Es kam damals zu einem der größten Verkehrsstaus auf deutschen Autobahnen. Wir konnten aber noch früh genug einen Stellplatz in den Weinfeldern nahe Landau beziehen. Alle Feldwege waren dicht besetzt mit erwartungsvollen Sonnentouristen.

Die östliche Bewölkung war kompakt und dicht über dem Rheintal , aber der Einfluß des nahen Pfälzerwaldes (ca. 700 m hoch) im Westen sorgte bei Westwind an diesem Tag für einen breiten Streifen schwacher Bewölkung im Raum Landau durch einen Leeeffekt.

Am Beobachtungsort, bei schon fortgeschrittener Verfinsterung

Die Bewölkung war durchbrochen und ließ aber die Sonne immer wieder gut sichtbar werden, auch am 1. Kontakt um 9:11 UT. (11:11 MESZ).

Genau zur Zeit der Totalität (10:31 UT) riß dann ein großes Wolkenloch auf. Mit einem letzten grellen Rand verschwand die Sonnenscheibe:

Die Sonnenkorona erschien und der Blick ging zur Tageszeit in den „tiefen Raum“ mit einer hell strahlenden Venus und anderen hellen Fixsternen - ein unbeschreiblicher Eindruck!

Eine Zusammenfassung der ersten Phase der Finsternis zeigt dies Mosaik:

Die Aufnahmen erfolgten mit einer Nikon FT Spiegelreflex und 135 mm Objektiv auf Fuji-Farbnegativfilm.Leider hatte ich zu dieser Zeit keine längere Optik. Die anschließende Bearbeitung der Bilder erfolgte dann über die eingescannten Originale. Also eine Technik, die auf dem Weg zur digitalen Welt lag. Meine Planung der Finsternisbeobachtung war ziemlich mangelhaft. Auch war ich so hingerissen vom Gesamteindruck der Finsternis, daß ich die Kamera nicht richtig bedient hatte. Das mitgenommene Celestron C8 mit Objektivsonnenfilter (Glas) hätte ich eigentlich zum Fotografieren benutzen müsssen , aber wir waren so hingerissen vom visuellen Beobachten, daß das unterblieb. Ringsherum standen auch die von weither angereisten Finsternistouristen und wollten bei uns durchs Teleskop blicken. Die bessere Wahl für Bilder von totalen Sonnenfinsternissen ist auf auf jeden Fall ein langbrennweitiges Kameraobjektiv, ca. 300 bis 500 mm Brennweite an einer Fotokamera.

2.) Totale Sonnenfinsternis vom 29.3.2006 in der Türkei

Fünf Jahre später gab es dann eine Finsternis, die von Deutschland aus gut erreichbar war. Der am leichtesten und preiswertesten erreichbare Ort war die Gegend um Manavgat/Side bei Antalya in der Türkei. Dagegen war der Beobachtungsort an der ägyptisch libyischen Grenze wesentlich schlechter zugänglich, sodaß wir einen günstigen „All Inclusive“ Aufenthalt an der türkischen Riviera bei Manavgat buchten.

Nach den Erfahrungen von 1999 konzentrierte ich mich bei der Vorausplanung auf die Fotografie mit einer Fotokamera. Mein „digitales Zeitalter“ hatte begonnen: Ich hatte ein Jahr davor eine digitale Pentax-Spiegelreflex gekauft. Für das Ereignis wurde auch noch eine gute, gebrauchte 300- mm Festbrennweitenoptik besorgt. In diesen Jahren wurden auch die hervorragenden Baader-Filterfolien verfügbar, die dann für die nicht-totale Phase verwendet werden konnten.

Das Wetter im Raum Antalya war schon in den Tagen vor der Finsternis stabil und sonnig, die Hoffnung auf einen klaren Himmel am 29. groß. Bei einem Ausflug zum nahegelegenen Side, einem Ort voll mit antiken, römischen Bauwerken, entdeckten wir ein Plakat mit einer Serie mit Finsternisbildern von 1999.

Plakat der Finsternis von 1999 in Side

Unser Hotel bot zum Finsternistag verschiedene „Events“ an, wir fuhren aber von Manavgat aus auf dem Fluß gleichen Namens mit einem Touristenboot an die Strände vor den großen Hotelanlagen. Der breite Badestrand war überlaufen von hunderten erwartungsvoller Touristen und weitgereisten Sofi-Spezialisten aus aller Welt. Der Bootsanleger war belegt mit vollbesetzten Schiffen, alle in Erwartung der Finsternis.

Der 29. bot einen perfekten, klaren Himmel bei sommerlichen Temperaturen

 

 

 

Um 13:40 Ortszeit (10:40 UT) begann das Spektakel. Ich blieb von da an eisern bei der Kamera und gestattete nur manchmal einem anderen einen Blick durch den Kamerasucher.Nachdem der gleißende letzte Rest der Sonnenscheibe in Sekundenschnelle verschwunden war bot das Aufflammen der Kororona dann wieder das unvergleichliche Schauspiel des „Aufreißens eines Vorhangs“ vor dem Himmel. Ein Gefühl, das sich mir bei dieser Finsternis wieder einstellte, zumal wieder helle Sterne und die sonnennahe Venus aufstrahlten. Der Blick geht hinaus in den interplanetaren Raum, es ist weder Tag noch Nacht. Ein türkischer Eisverkäufer neben mir rief laut aus „Allah ist groß!“, aber nach einem anfänglichen Beifallklatschen der Zuschauermenge herrschte eine tiefe, beinahe ergriffene Stille, genau wie auch damals in Landau.

Komposit aus 8 Einzelbildern mit Belichtungszeiten von 1/250 bis 2 Sekunden. Pentax istDS mit Pentax 300 mm Tele, Objektivsonnenfolie

Finsternis am Strand von Titryengöl/Manavgat mit Blick auf dasTaurusgebirge.

Blick auf den fern von der Sonne beschienenen Meereshorizont

Die erste Hälfte der Finsternis von 10:41 (ungefähr der erste Kontakt) bis 12:00 ( direkt hinter dem dritten Kontakt) wurde gut erfaßt und konnte für eine Animation verwendet werden. Die totale Phase (13:55 – 13:59 war mit ca. 4 Minuten sehr lang.

Animation der Finsternis:

 

3.) Das Umfeld der Finsternisse im Aktivitätszyklus der Sonne

Die Finsternis vom August 1999 fand kurz vor dem Maximum des 23ten Sonnenfleckenzyklus ( März 2000) statt, die von 2006 vor dem Minimum (Anfang 2009) am Ende des Zyklus. In den Jahren um das Fleckenmaximum herrscht ein schwaches magnetisches Dipolfeld (Nord-Süd Komponente) der Sonne, die toroidale Komponente ( Ost-West Komponente) hat ein Maximum. Umgekehrt ist die Situation zur Zeit des Fleckenminimums, es ist ein starkes, solares Dipolfeld vorhanden.

Diese beiden gegensätzlichen Magnetfeldkonfigurationen zeigen sich deutlich in Bildern der Sonnenkorona, deren Strukturen des Plasmas die Magnetfeldstrukturen abbilden.

Am 11.8.1999 herrschte eine ziemliche hohe Sonnenaktivität mit einigen aktiven Regionen, wie das rechte Bild vom Big-Bear Solar Observatory (Kalifornien) zeigt. Links ein Bild aus der frühen Phase der Finsternis mit der Fleckengruppe im Süden.


 

Die Korona zeigt eine gleichmäßig-radiale Struktur rings um die Sonnenscheibe. Eine wesentliche Dipolkomponente ist nicht erkennbar, dies ist typisch für die Zeiten des Aktivitätsmaximums.

 

 

 

 

Nun die Bilder am 29.3.2006, zu Zeiten einer geringen Sonnenaktivität. Links ein Bild am Anfang der Verfinsterung mit zwei kleinen Fleckengruppen am östlichen Rand. Rechts ein H-Alpha-Bild vom gleichen Tag (Archivbild des Observatoire de Paris, Meudon)

 

In der totalen Phase der Verfinsterung zeigt sich dann die typische Koronastruktur einer ruhigen Sonne:

 

 

Ausgeprägte "Helmet Streamer" (helmförmige Plasmastrahlen) erscheinen im niederen Breiten der Sonne, nahe der Pole sind nur feine radiale Strahlen zu erkennen. Die Magnetfeldstruktur der Sonne ist klar "poloidal" und gering "toroidal", sie bildet einen Dipol, dessen Nordpol in der südlichen Hemispäre des Sonnenballs liegt. Dies wird durch das nächste Bild deutlich, das die Verteilung der Radialkomponente des solaren Magnetfeldes an der Sonnenoberfläche zeigt. (Quelle:Solarscience/NASA) 

 

 

Es zeigt sich das bekannte "Schmetterlingsdiagramm", das von der langjährigen Fleckenkartierung der Sonnenoberfläche bekannt ist. Für die Verteilung der Feldpolaritäten ergibt sich ein ähnliches Bild. In mittleren Sonnenbreiten sieht man die Fleckenpolaritäten in Form von Schmetterlingsfügeln auf die beiden Hemispheren verteilt. Abgebildet sind die Sonnenzyklen 21 bis 24. Das Umkippen des solaren Dipolfeldes findet immer in der Nähe der Fleckenmaxima statt, die an der größeren Fleckenhäufigkeit in höheren heliographischen Breiten erkennbar sind. Klar sichtbar z.B. im Jahr 2000. Die beiden senkrechten Linien kennzeichnen die Lage der Finsternisse in den Jahren 1999 und 2006.